Die Lieder vom Rodenstein.

Die drei Dörfer.

I.

Wer reit't mit zwanzig Knappen ein
Zu Heidelberg im Hirschen?
Das ist der Herr von Rodenstein,
Auf Rheinwein will er pirschen.

»Hollaheh! den Hahn ins Faß! schenkt ein,
Ich fürcht', die Kehlen rosten.
Wir wölln ein Jahr lang lustig sein,
Und sollt's ein Dorf auch kosten!

»Ein Dorf, was ist's? … Nur Mist und Rauch,
Ich hab' ja ihrer dreie …
Gersprenz und Pfaffenbeerfurt auch
Und Reichelsheim, das treue.«

Trommeten klangen mit Schalmein
Und Pauken um die Wette,
Zwölf Monden saß der Rodenstein
Beim fürstlichen Bankette.

Und als er sich nach Jahr und Tag
Die Rechnung hergewunken,
Da sprach er: »Blitz und Donnerschlag!
Jetzt ist Gersprenz vertrunken!
Gersprenz ist hin!
Gersprenz ist fort!
Gersprenz der fromme, der züchtige Ort,
Gersprenz … ist … veritrunken.

Hollaheh! doch wie man's treibt, so geht's,
Was liegt an dem Verlurste?
Man spricht vom vielen Trinken stets.
Doch nie vom vielen Durste.
Gersprenz ist hin!
Gersprenz ist fort!
Gersprenz der fromme, der züchtige Ort,
Gersprenz …ist … veritrunken.«

II.

Wer reit't mit sieben Knappen ein
Zu Heidelberg im Hirschen?
Das ist der Herr von Rodenstein,
Auf Rheinwein will er pirschen.

»Hollaheh! den Hahn ins Faß! schenkt ein,
Ich fürcht', die Kehlen rosten.
Wir wöll'n ein halb Jahr lustig sein,
Und sollt's ein Dorf auch kosten!

»Ein Dorf, was ist's?… Ein rußig Loch,
Und ich hab' ihrer zweie,
Ich hab' ja Pfaffenbeerfurt noch
Und Reichelsheim, das treue.«

Trommeten klangen mit Schalmein,
Die Pauken täten schweigen …
Sechs Monden saß der Rodenstein
Beim süßen Rheinweinreigen.

Und als nach halber Jahresfrist
Der Rechnung er gewunken,
Da sprach er: »Hollaheh! jetzt ist
Auch Reichelsheim vertrunken!
Reichelsheim ist hin!
Reichelsheim ist fort!
Reichelsheim der treue, schnapsbrennende Ort,
Reichelsheim … ist … veritrunken.

- – -

Hollaheh! doch wie man's treibt, so geht's!
Was liegt an dem Verlurste?
Man spricht vom vielen Trinken stets,
Doch nie vom vielen Durste.
Reichelsheim ist hin!
Reichelsheim ist fort!
Reichelsheim der treue, schnapsbrennende Ort,
Reichelsheim … ist … veritrunken.«

III.

Wer wankt zu Fuße ganz allein
Gen Heidelberg zum Hirschen?
Das ist der Herr von Rodenstein,
Vorbei ist's mit dem Pirschen.

»Herr Wirt, ein Kännlein dünnes Bier
Und einen Harung im Salze!
Ich hab' vom vielen Malvasier
Das Zipperlein am Halse.

»Der schönste, größte Durst der Pfalz
Muß früh in Ruhstand sinken,
Das letzte Dorf des Odenwalds
Kann ich nicht mehr vertrinken.

»Einen Notary ruft herein,
Der schreib' die Testamenten:
Pfaffenbeerfurt soll der Hochschul' sein,
Mein Durst den Herrn Studenten!

»Stets bin ich alter Mann gerührt,
Seh' ich die wackern Jungen.
Und schlucken sie wie ich, so wird
Dereinstmals doch gesungen:
Pfaffenbeerfurt ist hin!
Pfaffenbeerfurt ist fort!
Pfaffenbeerfurt, die duftige Mistfinkenhöhl',
Pfaffenbeerfurt, des Odenwalds Kronjuwel,
Pfaffenbeerfurt … ist … veritrunken!«

»Hollaheh! doch wie man's treibt, so geht's!
Was liegt an dem Verlurste?
Man spricht vom vielen Trinken stets.
Doch nie vom vielen Durste.
Pfaffenbeerfurt ist hin!
Pfaffenbeerfurt ist fort!
Pfaffenbeerfurt, die duftige Mistfinkenhöhl',
Pfaffenbeerfurt, des Odenwalds Kronjuwel,
Pfaffenbeerfurt … ist … veritrunken!«

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